Rechts- und volkskundliche Denkmäler aus dem Neuwieder Becken
Von Josef Röder

Projektstudie Keltendorf Wingarden
Vorzeitforschung, Heimaterkundung, Megalithzeit, Sagen, Legenden, Geschichten, Rheinische Mythologie












1. Gerichtsstätten unter Bäumen















In weitaus den meisten Fällen halten heute einzelne Bäume, Linden oder Eichen, die im Volksmund dann Femlinden oder Femeichen genannt werden, 77 die Erinnerung an einstige Orte der Rechtspflege wach. Aber auch diese sind in unserem Gebiete selten. Gegenüber der Ruine der Kreuzkapelle (Melsbach, Kr. Neuwied) 78 stehen einige alte Eichbäume (Abb. 5), die im Volksmund die Bezeichnung „Femeichen“ tragen. Möglicherweise handelt es sich hier um die Stelle eines alten Hochgerichtes der Grafschaft Wied, jedenfalls wird noch 1640 in einem Gerichtsprotokoll des Fürstlich-Wiedischen Archivs 79 vom „Halsgericht in Melsbach“ geredet, das wohl aber nicht mehr an unserer Stätte stattfand.

Bei dem Gasthaus „Eiserne Hand“ (Gemeinde Kobern), an derselben Straße, an der auch die Drei Tonnen liegen, steht - aber schon im Gebiet der Gemarkung Wolken (Landkr. Koblenz) - eine mächtige Eiche, die 300 Jahre alt sein mag, vielleicht noch etwas darüber. Dieser Baum wird auch als „Femeiche“ bezeichnet. Wolken gehörte zum Amt Kobern, dessen Gericht 1718 aus einem kurfürstlichen Vogt und sieben Schöffen bestand, und in Kobern und Wolken die bürgerliche, an denselben Orten sowie in Polch und seinen Nebenorten auch die peinliche Gerichtsbarkeit ausübte. 80 Möglicherweise haben wir es hier mit einer alten Gerichtsstätte für Wolken zu tun, vielleicht auch nur einer Rügestätte dieses Gerichts. Die Volksüberlieferung und die Quellen schweigen. Auch der Name „Eiserne Hand“ für die Stätte weist auf einen Gerichtsplatz. Soweit die Erinnerung reicht, war die Eiche Fest- und Tanzplatz des Ortes Wolken, auch die Bassenheimer Kirmes wird hier gefeiert, und im Gefolge davon wird 1826 auch das heutige Gasthaus gebaut worden sein, wie denn überhaupt die Wirtshäuser mit dem Zerfall der alten Gemeinschaftskultur, der alten Feste und Volkstänze und ihrer Ablösung durch den Gesellschaftstanz, die Festlichkeiten in ihre Räume zogen. Bis 1868 wurde der Tanzboden noch unter der „Femeiche“ aufgeschlagen, und die Musikanten saßen auf einem Podium im Baum. In dem genannten Jahre wurde der Tanzsaal erbaut. So hat die Stätte unter dem Baum auch unter den neuen Verhältnissen ihre alte Bedeutung als Fest- und Tanzplatz bewahrt.















Abb. 5

Abb. 6













Eine mächtige alte Dorflinde (Abb. 6) steht heute noch vor der Kirche in Metternich (Landkr. Koblenz). Sie ist insofern als Rechtsdenkmal anzusehen, als früher das Ortsgericht unter ihr getagt haben soll. Auch ein Halseisen soll dort noch angebracht gewesen sein. Dort wurden auch die Bekanntmachungen verlesen, und sie war zur Kirmes der Mittelpunkt der Festlichkeiten, bei denen um den Baum getanzt wurde. In Anbetracht der Tatsache, daß Metternich am Amtssitz des Schultheißen des kurtrierischen Amtes der Bergpflege war, könnte man natürlich auch daran denken, daß diese Stätte einst mit erweiterter Zuständigkeit ausgestattet war, und vielleicht diente das Halseisen auch zu hochgerichtlichen Strafen.













2. Pranger, Normalmaße, Verkündsteine - S. 175













Zum Scanwork - Juli/August 2004 Wisoveg.de, Wingarden.de















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