Rechts- und volkskundliche Denkmäler aus dem Neuwieder Becken
Von Josef Röder

Projektstudie Keltendorf Wingarden
Vorzeitforschung, Heimaterkundung, Megalithzeit, Sagen, Legenden, Geschichten, Rheinische Mythologie












Hüttesbäumche und Goloring

















Abb. 11













In den Dörfern, die unmittelbar am Rhein liegen, spielten vor der Stromregulierung die Wiesen zum Flusse zu neben ihrer praktischen Bedeutung als Bleich- und Weideplätze auch als Festplätze eine gewisse Rolle. Einen Eindruck vermittelt noch Koblenz-Neuendorf, dessen Rheinseite durch die alten Häuser noch einen gewissen altertümlichen Eindruck bewahrt hat. Auf den großen großen Wiesen spielten sich die Kirmesfeierlichkeiten ab. Dort, nahe dem Rhein zu, standen auch zwei mächtige Pappeln (Abb. 11), das Wahrzeichen von Neuendorf, die sog. „Hüttchesbäume“, deren Fuß wieder mit einem Steinkranz umsetzt war, auf denen man sich zu einem Plauderstündchen im Sommer niederließ. Das Hochwasser hat einen der Bäume entwurzelt und umgerissen. Der andere steht noch in alter Kraft. Ob diese Bäume früher einmal eine Beziehung zum Rechtsleben hatten, ist nicht mehr bekannt. Immerhin stehen die Bäume an einer schon sehr alten Überfahrtsstelle über den Rhein. Dort befand sich früher eine kleine Schutzhütte, wonach die Bäume den Namen „Hüttchesbäume“ erhalten haben sollen.

Bevor wir auf eine andere Art dieser Festplätze eingehen, scheint es mir hier wichtig, kurz ein vorgeschichtliches Denkmal zu besprechen, das, bisher noch einzigartig auf dem Kontinent, auch unsere volkskundlichen Denkmäler in vorgeschichtlicher Zeit hinein zu verfolgen und recht weiträumige Verbindungen aufzuzeigen gestattet. An der gleichen Stelle wie die Drei Tonnen und etwa 2 km westlich davon nach Koblenz zu liegt ein Hügelgräberfeld, das von der jüngeren Urnenfelderkultur an bis in die römische Zeit hinein durchgehend belegt ist. 86 Direkt südlich an diesem Gräberfeld anschließend liegt eine große ringwallähnliche Anlage, der sog. Goloring, ein etwa 200 m im Durchmesser haltender kreisrunder Graben, dem ein flacher Außenwall vorliegt. Konzentrisch zu Wall und Graben erhebt sich im Innenraum eine gleichfalls runde, künstlich aufgeschichtete Erdplattform von etwa 100 m Durchmesser. Durch eine Reihe zwingender Überlegungen ergibt sich, daß dieser Anlage nur eine kultische und nicht etwa eine fortifikatorische Bedeutung beigemessen werden kann. Scherbenfunde, sowohl in der Erdplattform wie im Graben, datieren die Anlagen in die Mitte des letzten vorchristlichen Jahrtausends, in dieselbe Zeit, der auch die Hauptmasse der Hügelgräber angehört. In der Mitte der Erdplattform zeichnete sich die Standspur eines gewaltigen Pfahles, eben wohl eines großen Kultpfostens ab. Die als Abbildung 12 wiedergegebene Rekonstruktionszeichnung zeigt den Goloring, wie er sich aus schräger Vogelschau auf das ehemals sicher waldfreie Plateau ausgenommen haben muß, im Hintergrund das Grabhügelfeld.















Abb. 12













Die Nähe und Gleichaltrigkeit mit dem Grabhügelfeld läßt an eine Stätte für Feiern im Zusammenhang mit dem Toten- oder Heroenkult denken. Wenn wir sehen, daß noch in den letzten Jahrhunderten in unserem Gebiet ähnliche Plätze zur Abhaltung der Maifeiern hergerichtet wurden, so werden wir auch unsere Stätte mit solchen Feiern des Jahresablaufs in Verbindung bringen dürfen. Einer Volksüberlieferung zufolge soll auf dem Platze des Golorings, der aus der Genovevageschichte (die im ganzen Maifeld eine Rolle spielt) bekannte Golo verurteilt und von 4 Ochsen zerrissen worden sein. Hier scheint sich also die Erinnerung an einen alten Gerichtsplatz noch erhalten zu haben.

Über die engen Beziehungen dieses Golorings zu den sog. Hengedenkmälern Englands und zum vorgeschichtlichen Grabbau in Nordwestdeutschland, Holland und England ist an anderer Stelle ausführlich berichtet worden. 87













Pfahlsitte, Festplätze, Gerichtsorte - S. 180













Zum Scanwork - Juli/August 2004 Wisoveg.de, Wingarden.de















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